Dann beginnt er mit seiner siebenköpfigen Band zu spielen, «Strange Overtones» aus dem neuen Album, und die Spannung löst sich in Musik auf, in den sanften Grooves der Rhythmusgruppe, im Gospeltrost der Begleitsängerinnen. Ein Konzert und vier Zugaben später spielen sie das Titelstück, das hymnische «Everything That Happens Happens Today», und alles ist gut. Musiker und Tänzer stehen erschöpft und durchnässt vor dem tosenden Publikum, Byrne winkt scheu und gerührt in die Menge. Alles ist passiert, alle haben zusammen dieses fantastische Konzert erlebt und aufgeführt. Am Anfang stand der singende Intellektuelle unter Strom, am Schluss schwimmt er im Strom von «Take me to the River», dem Gospelsong des Predigers Al Green. Das Programm kombiniert Stücke aus über dreissig Jahren. Was die Songs aus dem neuen Album mit den ausgedehnten Ausschnitten aus früheren Platten wie «Fear of Music», «Remain In Light» oder «My Life in the Bush of Ghost» verbindet, von der Brillanz ihres Vortrags abgesehen, ist die Mitarbeit eines Abwesenden. Denn David Byrne hat die meisten Stücke mit dem britischen Produzenten Brian Eno komponiert oder arrangiert. Dazu gehört das neue Album, dessen Qualitäten man erst nach seiner Aufführung richtig versteht, und dazu gehören die Stücke der Talking Heads, die sich mit dem neuen Material zu einem ekstatischen Ganzen vermengen. Der ganze Auftritt ist als Entfesselung angelegt, Byrne führt die Befreiung von sich selber vor. Sprache löst sich in Bewegung auf, Spröde wird zur Grazie, Witz zu Humor, kantige New Yorker Musik weicht brasilianischen und afrikanischen Polyrhythmen. Die Veränderung, die in ihm vorgeht, führt Byrne am Bild des Hauses vor, ein häufiges Motiv in seinen Liedern. Auf der Hülle des neuen Albums ist es als Einfamilienhaus zu sehen, komplett mit Garage und korrekt gepflanzten Blumen. «A change of key will let you out», singt Byrne im ersten Stück des Abends, wobei «key» sowohl Schlüssel meint wie Tonart. Ein paar Stücke später spielt er das unruhige «Houses in Motion», bei dem der Erzähler spürt, wie er sich langsam auflöst. Die dritte Zugabe schliesslich handelt von einem Mann, der sein eigenes Haus abbrennt, weil er Angst hat, es könne Feuer fangen. Die Musik explodiert, und alle im Saal singen mit: «Fighting fire with fire / Burning down the house.» Unser Haus. |